Print This Page

The Results

DattiSports - DattiSports

  THE 

IRON ASS

NON-STOP-LANGSTRECKEN-HAXELN-FÜR-DILETTANTEN

22./23. Juni 2000

GRAZ - FIRENZE WITHIN 24 HOURS

 

THE RESULTS

 (sprich: dä risalz)

    Samstag, 24. Juni 2000 12.00 Uhr mittags. Stadtgrenze von Florenz. Ein seitlich verknicktes Stadtschild. Drückende Hitze. Österreichische Autos stehen in einer Bushaltestelle. Jemand hält mit einer Videokamera auf die Straße stadtauswärts. Ein filmreifes Motiv ist nicht auszumachen. Der Kameramann heißt Rudi Stangl. Seine Visitenkarte weist ihn wörtlich als "Abenteurer" aus. Zu Recht, hat er doch neben der "Crocodile Trophy" zahlreiche andere Extrembewerbe absolviert. Vor annähernd 24 Stunden, Freitag 12.08 Uhr, hat er 686 Kilometer entfernt in Graz-Gössendorf die Stoppuhr gestartet. Seither ist sie ununterbrochen gelaufen. - Nichts geschieht. Die Minuten vergehen.

Am Horizont taucht plötzlich auf, wem das Interesse des Kameramanns gilt. Die Uhr zeigt nun 12.12. 24 Stunden sind knapp überschritten. Es sind Radfahrer. Die letzten Hoppauf-Rufe verhallen beinahe reaktionslos. Die Radler überfahren die Höhe des Stadtschildes, nur um sogleich die wenigen Meter zurück in die Haltestelle zu kommen. Kaum Jubel, mehr Erleichterung. Die meisten der nach und nach eintrudelnden Fahrer haben die letzten 24 Stunden ständig auf ihren Rädern verbracht, die meisten haben über 686 km unablässig die Kurbel gedreht, jeder aber, der so weit kam, hat ihn sich verdient, den herzigsten aller Wiweiko-Titel, den IRON ASS von DattiSports.

"I'll wait for you, if I should fall behind, wait for me", sang Bruce Springsteen auf dem Album "Lucky Town", als ob er dem heurigen IRON ASS sein Lied hätte widmen wollen. Vereinbart war, möglichst viele Teilnehmer ins Ziel zu bringen. Und wirklich! Die soziale Disziplin jener Fahrer, welche dieses Langstreckenhaxeln eher als "Bummelpartie" (O-Ton Gerald Mori) mit ein paar Bodenwellen (O-Ton Alex Hofer) erlebten, verhalf der Vereinbarung zu einem alles in allem glorreichen Durchbruch:

  • Von 12 Fahrern kamen 6 in annähernd 24 Stunden ins Ziel, ohne auch nur einen Meter zwischen Graz und Florenz nicht aus eigener Muskelkraft
  • bewältigt zu haben!
  • 1 Fahrer verzichtete darauf, den Tross wegen der Behandlung seiner Knieschmerzen aufzuhalten, und ließ sich für eine halbe Stunde (knapp 20 km)im Fahrzeug verarzten.
  • 2 in Kärnten wegen Hitzschlags ausgefallene Fahrer stiegen in Tarvis wieder auf das Rad und fuhren weitere 500 Kilometer
  • 3 Fahrer gaben wegen Krämpfen auf
  • 1 Fahrer fiel wegen technischen Gebrechens aus

 

Die Zeitmessung erfolgte von Stadtgrenze zu Stadtgrenze. Es herrschten keine Wettbewerbsbedingungen. Wegen des programmatischen Zusammenhalts des Fahrerfeldes sind die Ergebnisse daher kein Ausdruck für die tatsächliche Leistungsfähigkeit (insbesondere der stärkeren Fahrer). Erst für die letzte Etappe(über den Apennin) haben sich zwei Gruppen gebildet. Auch hier wurde aber innerhalb der Gruppen durch Zuwarten auf dem Pass jeweils Rücksicht genommen. Hier die Ergebnisse im Detail:

Träger des IRON ASS 2000 mit der rubinroten Rosette (Teilnehmer, welche die gesamte Strecke über 686 km gefahren sind):

Erste Gruppe über den Appenin:

  • Gerhard Mathy     -  Ankunft nach 24 Stunden und vier Minuten
  • Gernot Turnowsky  -  (-----"-----)
  • Bernd Mathy       -  Ankunft nach 24 Stunden und 20 Minuten

 

Zweite Gruppe über den Appenin:

  • Robert Krause     - Ankunft nach 25 Stunden und 10 Minuten
  • Gerald Mori       - (------"------)
  • Gregor Mori       - (------"------)

 

Träger des IRON Skipjack 2000 (Teilnehmer, die aus diversen Gründen über Teilstrecken absteigen mussten, aber nach einer Ruhezeit im Kfz wieder auf das Rad aufgestiegen sind ("Stehaufmännchen")

Ankunft gemeinsam mit der ersten Gruppe über den Appenin:

  • Alexander Hofer - Streckenleistung 666 km (Pause über 20 km bei Venedig zur Behandlung von Knieschmerzen)

 

Ankunft gemeinsam mit der zweiten Gruppe über den Appenin:

  • Franz Duller - Streckenleistung 625 km (Sturz wegen Hitzschlags vor Klagenfurt, Wiedereinstieg in Tarvis)
  • Clemens Strauss - Streckenleistung 565 km (Ausfall wegen Hitzschlags in Lavamünd, Wiedereinstieg in Tarvis)

 

Träger des Trainee 2000 (Teilnehmer, die aus diversen Gründen vorzeitig abgestiegen sind)

  • Reinhard Igler - Abstieg nach 150 km (Schwäche infolge eines grippalen Infekts)
  • Gerald Pöschl  - Abstieg nach 200 km (Krämpfe)
  • Egon Schwab    - Abstieg nach 250 km (Krämpfe)

 

Empfänger des Dattinger Award for Supporting Achievement (Teilnehmer, die erst auf der Strecke eingestiegen, aber wegen technischen Gebrechens ausgefallen sind)

  • Bernhard Astner - Streckenleistung 50 km (Einstieg bei Ravenna - Ausfall wegen Speichenrisses)

 

Weiter geht's für Insider: Bernhard Astner gebührt wieder einmal das ideologische Lob. Kaum jemand lebt die Idee von DattiSports, diesem Aktionskomitee gegen Visionslosigkeit, so vorbildhaft vor, wie dieser Adabei des Exzesssports. Hier ist ein Mann, der immerzu bereit ist, seinen Beitrag zu leisten. Bei Ravenna stieg er noch schlaftrunken mit den Worten "I kum sicher an!" in den Parcours ein. Was sodann schon nach rund 50 km auf dem Anstieg über den Apennin passierte, beschrieben die wenigen Zeugen des Vorgangs im Nachhinein wie folgt: Aus dem Autoradio des Begleitfahrzeugs erklang gerade Rod Stewarts "Some guys have all the luck", als an dem fabrikneuen Rad eine Speiche riss. Oh Rod, you're so right!

Das zeigt es wieder einmal deutlich: DattiSports versammelt nur die härtesten Knallköpfe. Franz Duller - diesen vorteilhaft gealterten Modellathleten - beispielsweise, der sich in 270.000 km auf dem Rad selbst noch im 47. Lebensjahr einen gestählten Körper bewahren konnte, bringt nichts so schnell um. Lediglich der Planet, die gelbe Sau, die erbarmungslos runterhaute, war diesmal stärker: Als am späten Freitagnachmittag die Luft immer noch mit annähernd 35° Celsius flirrte, verlor Franz Duller im Hitzschlag kurzfristig Bewusstsein und Kontrolle über sein Rad. Sturz bei mehr als 30 km/h! Folge: Aufgeschundenes Knie. Für andere wäre die Veranstaltung damit gelaufen. Nicht so für einen echten DattiSportler, der schon in Tarvis wieder auf das Rad stieg und die restlichen 500 km weiterhaxelte, als wäre nichts geschehen.

In Alex Hofer - dem notorischen PS-Maker - fand die Veranstaltung einen ihrer intelligentesten Mitstreiter. Unablässig verteilte er - ganz im Sinne der fernmündlichen Anweisungen seines Coachs Rudi Stangl - "Zuckerln" an die braven Amateurhaxler. Solcherart verging für die Übrigen die Zeit scheinbar wie im Fluge. Mit geradezu preußischem Pflichtbewusstsein trug er auch sein Schicksal, das ihn noch auf österreichischem Boden mit quälenden Knieschmerzen ereilte. Als im Ziel der Dattinger den Haudegen interviewen wollte, fand er ihn gleichsam delirierend zwischen leeren Wasserflaschen. Was für ein Bewerb, der sogar dieser Maschine zusetzt!!?

Als Reinhard Igler zwei Tage vor dem Start aus Wien kommend beim Dattinger einzog, war es in Wahrheit schon unübersehbar. Dieser Igel unter den Adlern, Motor des IRON ASS 1999, Durchquerer des amerikanischen Kontinents war nicht er selbst. Bei 35° Celsius im Schatten war es kaum erlaubt, das Autofenster zu öffnen. Dann Tee bei diesen Temperaturen! Kein Zweifel: Reinhard Igler hatte sich offensichtlich immer noch nicht recht von jener perfiden Bazilleninfektion erholt, mit der ihn ein mit allen Wassern gewaschener Agent der Konkurrenz drei Wochen zuvor durch einen breschnjiewhaften Bruderkuss angesteckt hatte. Ein trauriges Beispiel dafür, dass Sportbetrug und Wettmafia weder vor Formel 1 (David Coulthard) noch vor dem IRON ASS Halt machen. Pfui Deibel!

Ein Mann freilich hat sie (wieder einmal) alle ausgestochen. Er ist der Trainingsminimalist schlechthin. Die Italiener nennen ihn auch zärtlich "Signore Stuzzicadenti" - wegen seiner schmalen Beine: Robert Krause! Mit wertvollen 1.700 km in den Zahnstochern...äh...Haxen ging er in die Veranstaltung. Und wider alle Bedenken ("Der Berti steigt schon in Venedig ab!") erreichte er das Ziel. Das nährt natürlich einmal mehr die latenten Dopinggerüchte. Dem ist aber mit Entschiedenheit entgegen zu treten. Wer den Athleten kurz vor Ravenna im Sattel gesehen hat, der wusste: dieser Mann nimmt keine Drogen, dieser Mann ist angeschossen, fertig, am Ende. Dieser Mann ist eben ein echter DattiSportler: Wille ist seine Droge.

Bernd Mathy - der Mann, der auf dem Rad sitzt wie andere auf dem Pferd - ist kein geringeres Phänomen. Wie dieser bärenstarke Banker aus einer Lucky-Luke-artigen Kurbel sein Rad bewegt, ist erstaunlich. Der ältere Bruder Gerhard Mathy - Überschätzer seines Windschattens - ist echtes steirisches Urgestein: lakonisch und pickelhart. Die beiden ungleichen Brüder haxelten jedenfalls ohne viel Aufsehen die volle Distanz. Dann ging es ab nach Cesenatico, wo man befreundete Piraten traf.

Nun hat ihn auch Gerald Mori - Sklave der 24-Stunden-Marke - erlebt, "den Moment, da man seine Rodenstock aufsetzt" oder wie der Werbespot hieß. Dennoch ging für ihn - im Nachhinein betrachtet - alles zu langsam. Von dem Vorwurf der "Bummelpartie" bringen ihn auch Videoaufnahmen nicht ab, die ihn in Ravenna schier bis zur Unkenntlichkeit verfallen zeigen. Tatsächlich zeigen diese Bilder einen Mann, der plötzlich wie seine eigene Großmutter aussieht. Erschreckend! Nicht so für unseren Helden, der schon den großen Coup plant. Ich sage nur: The 2nd Attempt!

Gregor Mori - "der Mann mit den zweiunddreißig Zähnen" - ritt sein 7.5 kg-Bianchi mit unbändiger Kraft zu den Florentinern. Während des Anstiegs auf den Apennin sollte er nach 600 km über sich hinaus wachsen (Nicht schwer bei 1.72 m Körperhöhe!)und in einem 200-Puls-Hatzerl sogar mit Gernot Turnowsky mithalten. Bravo! Wer dächte da noch an schlechtere Vor-Bianchi-Zeiten, in denen gutes Rad teuer war (oder wie man da sagt?) und Gregs Zustand in der Wirklichkeit drauf und dran war, des Dattingers Scherze darüber an Tragikomik einzuholen?!

Gerald Pöschl war tapfer bis zum Schluss. Ein Glück, dass dieser nicht weit war. Denn schon kurz nach Villach teilte ihm sein makelloser Körper mit, dass sein Lebenssaft die ihm wohlbekannte "Nix-außer-Wasser-und-roter-Farbe"Grenze bald erreicht habe. Es machte dann auch - wie er selbst das ausdrückt einen "Schnalzer" (???), und aus war es. Schade, hätte doch dieser nachtaktive Zeitgenosse seine wahren Talente erst nach Sonnenuntergang unter Beweis stellen können. Seine Teilnahme war jedenfalls alles andere als "vöölllig wertlos", wie er zu formulieren beliebt.

Egon Schwab, der nur über Intervention des Dattingers zu dem Bewerb zugelassen wurde (so abgehalftert sah er mit seinem 14.85-kg-Puch-Clubman-Radel aus) liebt Pontebba. Es liebt es so, weil er weiß, dass jedes IRON ASS für ihn dort zu Ende ist. Wie es aber auch der Teufel will, befällt in justament immer dort irgend ein ach so unerträgliches Leiden. Sapperlot! Das nächste Mal werden wir von DattiSports dies zu verhindern wissen. Pontebba wird dem Erdboden gleich gemacht. Und Kantwurst wird sowieso keine mehr beim IRON ASS gefressen! Wir haben einen Ruf zu verlieren!

Clemens Strauss - unglücklich verheiratet mit einem hässlichen Rad, das ihm ein übelwollender Freund zuführte - hat halt noch Anstand in den Knochen: Kaum näherte sich der Tross dem Kärntner Landesgebiet, wurde diesem beherzten Amateur auch schon speiübel. Nur wenige Meter nach dem Grenzübertritt setzte er denn auch mit einer wahren Kotzorgie ein politisches Zeichen zum Ausdruck allen Ekels, der ihn im Land des "Führers" befiel. Doch nicht genug: Dieser Bannerträger der politischen Korrektheit weigerte sich strikt, auch nur einen Meter in diesem von Teufelshand regierten Land zu fahren. Erst als man in Tarvis wieder moralisch halbwegs einwandfreien Boden betrat, konnte er wieder dazu überredet werden, sein Rad zu besteigen. Mit solchen Teilnehmern ist, wenn schon nicht die sportliche, doch die moralische Autorität des IRON ASS auf alle Zeit gewahrt. Danke!

Gernot Turnowsky - angeblich der harmlosere von zwei Zwillingsbrüdern - ist von einem anderen Stern. .Dieser Mann, der Wolfgang Fasching auf dem Aconcagua abstellte wie einen Sack Kartoffeln, der die letzten 100 km des Radmarathons Oslo-Trondheim (545 km) nur noch auf Felgen fuhr; der Mann, der im Begriffe ist, die Seven Summits zu absolvieren, der Florenz ohne zu übertreiben - auch allein in 22 Stunden erreicht hätte, der Mann, der nach eigenen Angaben "so nach 12 Stunden erst richtig stark" wird, dieser Mann, ja wir fragen es uns wirklich: Wieso wirbt dieser Mann für ADEG? Wir meinen: Genausogut könnte Lance Armstrong für Kukident 3 Phasen werben! Was wir damit sagen wollen: Dieser Mann ist ein großes Rätsel, ein Zauberer. Und dafür danken wir ihm.

Versungen und vertan - streng genommen. Das Ziel - binnen 24 Stunden Florenz zu erreichen - ist verfehlt. Gut so. Das wird neuerliche Versuche provozieren. Das IRON ASS aber, dieser herrliche Trivialmythos des anbrechenden 21. Jahrhunderts, lebt auf diese Weise fort. Dieses Programm, das immer neue Herausforderungen gebären muss, schreibt sich von einer liebenswürdigen Sucht nach Außerordentlichkeit her. Kein Zweifel daher, dass sich auch in kommenden Jahren wieder Helden des Kilometerfressens einfinden werden, um an Grenzen gehen, die kein vernünftiger Mensch kennen will - bis er sie sah.

Und Grenzen haben wir von DattiSports längst neue ins Auge gefasst. Man sieht uns wieder am 6. September 2002 beim IRON ASS - From-Casino-To-Casino Graz-Monaco (1000 km in 36 Stunden).

Graz, am 20. Juli 2000

Kurt Dattinger eh.

 

Beitrag nochmals vollständig durchgesehen im Dezember 2007. Lesen das geschichtlich authentische Dokument hier!